Mit der Sprache des Herzens sprechen

9.11.2023

Kommunikation ist eine berührende und eine der schönsten Ausdrucksformen menschlichen Miteinanders. Das in den 70er Jahren entwickelte Konzept Gewaltfreie Kommunikation (GFK) schenkt uns eine Grundlage für gelebte Empathie und Wertschätzung.
Menschen wünschen sich wahrgenommen, wertgeschätzt und verstanden zu werden. Kommunikation ist die uralte Verbindung zwischen uns, die achtsam gepflegt, ein positives Zusammenleben mitgestaltet. Doch wie können wir wertschätzend und mit der Sprache des Herzens sprechen lernen?

Marshall Rosenberg und die Gewaltfreie Kommunikation

Bewusst gelebte Kommunikation mit dem Modell der GFK von Marshall B. Rosenberg führt uns auf eine neue Ebene des Miteinanders – zusammen, empathisch und liebevoll. Akzeptanz und das Spüren der eigenen Bedürfnisse befähigen jeden Einzelnen, mit unserer Mitwelt offen zu sprechen. Diese Offenbarung und das empathische Lesen des Gesprächspartners ist die Basis der GFK, um an einer Beziehung zu arbeiten.

Die innere, wertschätzende Haltung war dem Psychologen und Mediator Rosenberg ein großes Anliegen, um eine aufrichtige Verbindung zwischen Menschen zu schaffen. Gewaltfreie Kommunikation beschreibt eine Entwicklung vom Gesprächsgegner hin zum Gesprächspartner. Das aktive Zuhören steht in der GFK im Mittelpunkt; offen, urteilsfrei und authentisch gelangst du zu mehr Klarheit, eine Bereicherung für das gesamte Leben.

Das achtsame Wahrnehmen von Bedürfnissen und der Bedürfnisse des Gesprächspartners sind wichtig für die Beziehung miteinander. Mit der GFK können wir unsere Kommunikation deutlich verbessern. Wenn wir die Verbindungen zueinander aufmerksam pflegen, bereichern wir durch Gewaltfreie Kommunikation unser Leben.

Wenn wir aneinander vorbeireden

Doch warum kann Kommunikation missverständlich verlaufen? Eigentlich beabsichtigst du, eine Bitte an dein Gegenüber ausdrücken: „Bitte bring den Müll runter.“ Welche Information beim Gegenüber ankommen, unterscheidet sich in einigen Fällen stark von der ausgedrückten Bitte. Eine nicht achtsam formulierte Bitte, herausgerückt aus dem Kontext des Bedürfnisses dahinter, ruft Verletzungen und Leid hervor. Oft erscheint das Natürlichste auf der Welt, miteinander sprechen, erstaunlich schwierig.

Kommunikationspartner reden dann aneinander vorbei, obwohl sie dieselben Worte benutzen; verschlüsselte und unbewusste Worte machen es dem Gesprächspartner nicht leicht zu verstehen, was gemeint ist. Wie wirkt es, wenn ein Mann zu seiner Frau vorwurfsvoll sagt: „Bring doch auch endlich mal den Müll runter!“
Wie wirken im Vergleich diese liebevoll und deutlich formulierten Worte: „Ich bin momentan etwas überfordert und wünsche mir Unterstützung. Wärst du bereit, zweimal pro Woche den Müll rauszubringen?“

Die Gewaltfreie Kommunikation ist mehr als eine bloße Kommunikationsmethode; sie ist der Ausdruck einer inneren Haltung. Die Selbstreflexion in der GFK befähigt uns (als entscheidender Baustein der GFK), mit den eigenen Gefühlen und Bedürfnissen in Kontakt zu treten. Wenn wir uns bewusst werden, was uns bewegt und welche Bedürfnisse wir haben, wächst das Verständnis für uns selbst und andere.

  • Worum geht es mir wirklich?
  • Wie fühle ich mich?
  • Was brauche ich?
  • Was wünsche ich mir konkret?

Die vier Fragen der GFK

(Anleitung zur achtsamen Kommunikation)

Rosenberg lehrt uns die Gewaltfreie Kommunikation mit wertvollen Werkzeugen, um eine neue Ebene der Kommunikation zu entdecken. Das wichtigste Instrument sind die vier Schritte der Gewaltfreien Kommunikation:

1. Die Beobachtung
Wie beim Betrachten eines Theaterstückes, ist es in einem ersten Schritt wichtig, wahrzunehmen, was gerade passiert. Was sehe ich, was höre ich, was passiert um mich herum und was kann jeder in dieser Situation sehen und hören? Wir tendieren zu Bewertungen und Urteilen. Durch wiederholtes Üben wird es einfacher, von der emotionalen Ebene des Geschehens zurückzutreten und zu lernen, nur zu beobachten.
Fragen der Beobachtung sind: Wer? Was? Wann? Wo?Eine Mutter kommt in das Zimmer ihres Sohnes und sagt:
Bewertung: „Das Wohnzimmer sieht furchtbar aus!“
Beobachtung: „Deine Schuhe liegen auf dem Tisch und der Pizzakarton auf dem Fernseher.“

2. Das Gefühl
Es ist spannend, unsere Gefühle zu erforschen und es kann überraschend sein und unsere Empathie fördern. Ich kann das gemeinsame Menschliche in mir und meinem Gegenüber entdecken. Mein Gesprächspartner hat genauso grundlegende Bedürfnisse wie ich, die sich auch bei ihm in Gefühlen äußern. Über das Gefühl erspüren wir unsere wahren Sehnsüchte und können sie benennen. Diese Klarheit befähigt und bringt uns ins Herz der Wahrnehmung.
Fragen, Gefühle zu spüren und kennenzulernen, sind: Was fühle ich? Wo im Körper spüre ich es?

Sie ist ärgerlich und fühlt sich erschöpft und hilflos.

3. Das Bedürfnis
Unsere gespürten Gefühle sind Ausdruck von tiefliegenden und wichtigen Bedürfnissen. Wenn wir unsere Gefühle konkret wahrnehmen und ihnen einen Raum eröffnen, ermöglicht das eine liebevolle Kommunikation uns und Anderen gegenüber. Fragen, die meine Bedürfnisse aufzeigen, sind: Was brauche ich? Was ist mir wichtig?

Die Mutter hat ein Bedürfnis nach Unterstützung, nach einer Wohlfühlatmosphäre und nach Entspannung.

4. Die Bitte
Wenn wir uns klar sind, was wir möchten und was unser Anliegen dahinter ist, kann es einfacher sein, konkret zu formulieren. Eine Bitte kann sowohl an uns selbst als auch an eine andere Person gerichtet sein. Es ist wichtig meine Wünsche zu formulieren, damit mein Gegenüber die Möglichkeit hat, mich besser zu verstehen.
Fragen, die helfen, eine Bitte zu formulieren, sind: Was möchte ich? Worum bitte ich konkret?

Die Mutter sucht in einer ruhigen Atmosphäre das Gespräch mit ihrem Sohn. Sie formuliert liebevoll ihr Bedürfnis in dieser Situation und richtet eine Bitte an ihn. „Wenn ich deine Schuhe und den Pizzakarton sehe, bin ich ärgerlich und vor allem hilflos, weil ich mir Unterstützung und eine entspannte Wohlfühlatmosphäre zuhause wünsche. Können wir uns darauf einigen, dass du deine Schuhe in den Flur stellst und den Pizzakarton in den Müll wirfst?“

Diese GFK Werkzeuge sind nicht als strikte Richtlinie zu verstehen, sondern als Mittel eines fließenden und authentischen Prozesses. Um alle Ebenen richtig wahrzunehmen, ist es wichtig die Botschaften hinter der Kommunikation zu erkennen und nicht mit dem Schritt der Bitte zuerst anzufangen.

In Verbindung mit uns und unserem Gesprächspartner

Diese beschriebenen Schritte, von Gesprächsgegnern hin zu Gesprächspartnern, ist eine wundervolle Entwicklung für uns selbst und auch unsere Kommunikationspartner. Ob in der Familie, in der Paarbeziehung oder im Arbeitsalltag, die GFK ist ein Werkzeug der Liebe, das uns befähigt und trägt. Wenn wir die Verbindung zu uns selbst aufbauen, können wir besser in Verbindung mit anderen Menschen treten. So können wir uns erforschen und uns einen Raum für die Entwicklung eines schönen Miteinanders eröffnen.

Quellen:
Marshall B. Rosenberg – “Gewaltfreie Kommunikation. Eine Sprache des Lebens”, Paderborn: Junfermann Verlag
Judith Hanson Lasater – “Weil Worte wirken …: Gewaltfreie Kommunikation praktisch anwenden“, Paderborn: Junfermann
GFK-Navigator für Bedürfnisse, Wissenskarte futurepeacemedia